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Diversity? Frauensache!

„Wie können Sie mir für Diversity denn bitte einen Mann vorschlagen?“


Diversity? Frauensache!

Der obige Satz wurde mir kürzlich im Zusammenhang mit Trainings für Diversity berichtet. Ein Bekannter von mir empfahl dort Namen von Trainer*innen für Diversitytrainings und Coachings. Darunter eben auch männliche Trainer.

Hat er mich überrascht? Keineswegs. Ich habe selbst schon derartige Reaktionen erlebt.

Erschreckt er mich? Auf jeden Fall!

Seit mehr als 2 Jahrzehnten beschäftigt mich das Thema Diversity professionell und beruflich. Seit über 4 Jahrzehnten aus eigener Betroffenheit. Denn eine Gesellschaft, die die Vielfalt menschlicher Identitäten wertschätzt, wird eine Welt sein, in der ich als homosexueller Mann beruhigter und einfacher leben kann.

Faszinierend ist dabei, dass mir bei nahezu allen Kontakten mit Firmen, Verwaltung, Organisationen das gleiche Phänomen begegnet:

Diversity ist in der heteronormativen Welt Frauensache!

Meine Ansprechpersonen in den Unternehmen sind im Regelfall weiblich. Beim lokalen Diversity Tag ist der Frauenanteil regelmäßig über 80%. Dabei sind viele Vorstände, Geschäftsführungen und Personalleitungen männlich. Lässt sich daraus der Schluss ziehen, dass Diversity keine Chefsache ist? Sollte es etwa nur ein Spielfeld sein, auf dem Mann dem weiblichen Anteil in der Firma freie Hand lässt?

Doch sind Frauen per se divers? Wohl eher sind sie in der Mehrheit aufgeschlossener, wissbegieriger, offener für andere Perspektiven und bereit anzuerkennen, dass sie nicht alles wissen. Darin unterscheiden sich viele Frauen von cis-Männern. Zumindest erklären Frauen selten ungefragt ihrem Umfeld Sachverhalte.

Letzteres könnte ein handfester Grund dafür sein, männlichen Diversityexperten gegenüber skeptisch zu sein. Zu oft erleben wir ja, wie gerade weisse cis-Männer ungefragt ihrer Umwelt alles erklären und immer wissen, wie es läuft. Frauen gegenüber gerne in einem väterlichen, oder nennen wir es herablassenden Ton. Also bitte nicht auch beim Thema Diversity. Bitte keinen Mann.

Dabei unterläuft dann schnell derselbe Fehler, der ja angegangen werden soll: alle Männer werden pauschal bewertet. Es wird aufgrund von Vorurteilen - ob bewusst aus Erleben oder unbewusst - heraus agiert.

Andererseits wäre es doch gerade spannend, darüber nachzudenken, wie wirksam eine Frau Zugang zu denjenigen Männern bekommt, die es am nötigsten hätten, sich zu reflektieren und Diversitykompetenzen zu erlernen?

Wir Menschen lernen am besten durch Nachahmung. Wir kopieren Verhalten. Trainings sind wertvoll und wichtig. Doch Rollenmodelle sind mindestens genauso wichtig. Ich behaupte sogar: wichtiger. Wenn wir eine Gesellschaft wollen, die Diversität wertschätzt, dann brauchen wir bedeutend mehr Männer, die sich des Themas ernsthaft annehmen. Die bei sich beginnen und die dann andere überzeugen und anleiten.

Dann darf Diversity eben keine Frauensache sein. Sie geht uns alle an!


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